#CoronaZeiten #11

Elf Wochen #CoronaZeiten und noch einiges vor uns

  1. Die ersten fünf Monate des Jahres kommen einer im Rückblick surreal vor. Vom Shutdown zu Lockerungen, von Solidarität mit vulnerablen Gruppen zu Egoismus, von Verständnis für eine veränderte Welt zu Meckereien, weil nicht nach den ersten Lockerungen gleich alles so funktioniert wie vorher.
  2. Corona zeigt sehr deutlich, wie fragil eine gesellschaftliche Entwicklung ist, die von Gleichberechtigung und Respekt getragen ist. Nachdem während des Shutdown noch Pflegekräfte beklatscht, Verkäuferinnen freundlich behandelt und Eltern mit Kindern angesichts fehlender Kinderbetreuung und Schule auf Verständnis hoffen konnten, führt die Diskussion um Lockerungen zu politischen Diskussionen über die Aussetzung der Mindestlohnerhöhung und über erforderliche Anwesenheiten am Ort des Arbeitgebers zu einem Backlash, der statt des Ergebnisses der Arbeit den Ort der Erbringung der Arbeit in dem Vordergrund stellt.
  3. Wer meint, der Markt regele alles, sollte spätestens im letzten Vierteljahr gelernt haben, dass Staat mehr ist: Wer Steuern und Sozialversicherung bezahlt, kann in schlechten Zeiten wie diesen auch auf Unterstützung zurückgreifen. Da gibt es genug Krankenhausbetten oder Staatshilfen, um durch den Shutdown zu kommen. Und dann gibt es das Präventionsparadoxon, dass die auf einem funktionierenden Gemeinwesen beruhenden Leistungen kleingeredet und man kritisiert, warum man für seine spezifische Problemlage nicht noch mehr Hilfe bekommen habe.
  4. Männer scheinen in Zeiten von Homeoffice, Telefon- und Videokonferenzen und einer anderen Sitzungskultur die Möglichkeit, sich in Sitzungen besonders produzieren zu können, besonders zu vermissen und deshalb besonders laut nach Präsenzsitzungen zu rufen. Dabei ist es Ihnen egal, wenn sie vulnerable Gruppen oder Menschen mit erhöhter Sorgearbeitsverpflichtung von der Teilhabe ausschließen.
  5. Arbeitsschutz ist plötzlich stärker im Fokus denn je – aber besonders der, sich auf technische oder bauliche Lösungen fokussiert. Die psychische Belastungen sind oft genauso wenig im Blick wie die Sorgearbeit im Zeitverwendungsbudget – und die geschlechtsspezifischen Unterschiede dabei.
  6. Es gab und gibt eine neue Spaltung: zwischen denen, die egal wo sie tun, so viel arbeiten, dass sie weder genug Zeit für Pausen noch für Sorgearbeit haben und denen, denen so langweilig ist, dass sie die Zeit des Homeoffice als zusätzliche Urlaubszeit mit Langweilefaktor betrachten. Und wenn sie jetzt wieder häufiger am Arbeitsplatz aufeinandertreffen, gibt es neue Diskussionen und Frustationen.
  7. Blumen und Freund*innen sind noch wichtiger als vorher. Und ein Abend, an dem man zusammen sitzt, zusammen isst und ratscht, ist umso schöner, wenn man es draußen tun kann und weder vor Areosolen noch vor sonstigen Ansteckungswegen Angst haben muss.

Veröffentlicht von Margrit Zauner

Europäerin in Berlin mit großer Wienliebe und einer Leidenschaft für Bücher und Arbeit Copyright Foto: ALBBW / M. Bußmann

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